Out für den Burnout
Spätestens seit Bekanntwerden prominenter Burnout-Fälle unter Spitzensportlern, Popstars und Politikern, die deswegen ihre Karriere aufgaben oder zumindest unterbrachen, ist die Möglichkeit, ein Burnout zu bekommen, ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gerückt. Dabei belegen repräsentative Studien, dass rund sieben Prozent aller Erwerbstätigen in der Schweiz und in Deutschland von einem Burnout-Syndrom betroffen sind.
Burnout kann uns alle treffen
Die Häufigkeit des Burnouts ist in bestimmten Berufsgruppen höher: Manager, Unternehmer, Lehrer, Sozialarbeiter, Ärzte, Pflegepersonal, Pfarrer und Gefängnispersonal stehen dabei an der Spitze der Statistiken. Neueste Untersuchungen der deutschen Krankenversicherung DAK zeigen, dass ebenfalls Arbeitslose, Studenten und Alleinerziehende i.d.R. sehr anfällig für einen Burnout sind.
Wie kann es zu einem Burnout kommen?
Entscheidend für die Entstehung eines Burnout-Syndroms sind laut diverser Fachleute nicht etwa die Anzahl der Arbeitsstunden pro Woche, oder die Art der beruflichen Aufgaben, sondern komplexe Wechselwirkungen von Arbeitsbedingungen und individuellen Voraussetzungen, die zu anhaltendem Stress und schliesslich zur vollständigen Erschöpfung führen. Auch die Persönlichkeitsstruktur, die eigenen Erwartungen und Ansprüche an die zu vollbringenden Leistungen und die Prägung aus der Erziehung spielen eine Rolle. Menschen mit einer perfektionistischen Haltung, einem Helfersyndrom oder persönlichen Defiziten (wie eine schlechte Ausbildung) sind dabei tendenziell anfälliger für einen Burnout als Andere. Aber auch gravierende Wechsel im Arbeitsumfeld, unklare Erwartungen oder Definitionen von Aufgabenbereichen, schwierige Teamkonstellationen können einen massiven Anstieg des inneren Stresslevels begünstigen.
Was sind die Warnsignale und Symptome eines Burnouts?
Ein Burnout-Syndrom baut sich langsam, in der Regel über den Zeitraum von zwei bis drei Jahren, auf, der Zusammenbruch kommt dann meistens schlagartig. Spezifische Symptome können frühe Warnsignale des Organismus sein. Dazu zählen: Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, häufigere Infektionen, Rückenschmerzen oder Verdauungsprobleme. Aber auch psychisch kann sich ein Burnout ankünden in Form von: Lustlosigkeit, Niedergeschlagenheit, mangelnde Freude, untypische Ängste und Selbstzweifel sind Hinweise auf ein drohendes Burnout.
Was viele Betroffene erleben
Durch einen langanhaltenden Stress mit zu wenigen Ruhephasen und einem starken Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse werden die eigenen Ressourcen immer mehr aufgebraucht. Bleibt die hohe Arbeitsbelastung und der Stress, können die Ressourcen nicht mehr so schnell ersetzt werden, wie sie aufgebraucht werden. Durch die nachlassenden Kräfte braucht der Betroffene schliesslich immer mehr Energie, um Kleinigkeiten zu erledigen.
Welche Phasen gibt es bei einem Burnout-Syndrom?
Ein Burnout ist ein Prozess, den man in unterschiedliche Phasen unterteilen kann. Dabei ist zu beachten, dass es keinen typischen Verlauf gibt. Die Fachwelt hat verschiedene Phasentheorien entwickelt, die sich je nach der Art der Fälle, die der Entwicklung der Theorie zugrunde lagen, stark unterscheiden. Die Phasen, die von verschiedenen Seiten häufig erwähnt werden, und die ich auch selber bei Betroffenen beobachtet habe, lassen sich folgendermaßen grob zusammenfassen:
1) sehr hoher Einsatz im Beruf. Er wird quasi zum Mittelpunkt des Lebens. Die eigenen Bedürfnisse werden immer mehr verdrängt und mit der Zeit nicht mehr wahrgenommen. Soziale Kontakte, Partnerschaft werden stark vernachlässigt. Nach einer gewissen Zeit baut sich 2) eine immer grösser werdende Erschöpfung und Müdigkeit auf. Häufig wird in dieser Phase Alkohol, Drogen, Tabletten, das Internet oder der Computer zur Entspannung, Ablenkung oder Belohnung benötigt. Spätestens in Phase 3) folgt: eine emotionale Verflachung, Leere, Apathie, Rückzug und auch Schlafstörungen. In der Endphase, dem manifesten Burnouts 4) erleben Menschen eine so tiefe Erschöpfung, dass Angstzustände, Depressionen, extreme Gefühle von Ohnmacht und Niedergeschlagen-sein, Sinnlosigkeit vorherrschen. Einige Menschen erleben in solchen Phasen eine tiefe Lebensmüdigkeit bzw. haben Selbstmordgedanken.
Behandlungen bei akutem Burnout bzw. zur Burnout Prophylaxe
Beim Auftreten von Burnout-Symptomen stellt sich schnell die Frage nach einer sinnvollen Intervention. Bei der Behandlung unterschieden Fachleute grundsätzlich zwei Arten: Die stationäre Therapie - ein Klinikaufenthalt - oder die ambulante Therapie in Form eines Burnout-Coachings, bei der man weiter seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht.
Bei einem manifesten Burnout Syndrom (s.o. unter 4) kommen die Betroffenen meistens um einen stationären Klinikaufenthalt nicht herum. Damit es soweit nicht kommt, ist es sinnvoll frühzeitig bei häufenden Stressanzeichen oder Warnsignalen (s.o.) vorbeugend einzuschreiten. Ein grosses Problem ist leider, dass sich viele Betroffene eine massive Belastung häufig nicht eingestehen und sich erst dann behandeln lassen, wenn es gar nicht mehr anders geht und der Burnout da ist. Damit es nicht soweit kommt.....
Welche generellen Möglichkeiten kann jeder ergreifen, um nicht auszubrennen?
Generelle Massnahmen wie: sich selbst gegenüber aufmerksam bleiben, ein gewisses Mass an Selbsterkenntnis, Selbstführsorge trainieren und auf sich zu achten, sind in jeder Phase des Lebens empfehlenswert - so auch in Phasen von starken Belastungen und beruflichem Stress. Konkrete Möglichkeiten sind des Weiteren:
- Pausen einzuplanen und zu machen ist eine wichtige Sofortmassnahme, die Stress reduziert. Dabei sollte die Pause auch eine wirkliche Pause sein, d.h. da gilt es die Arbeit, belastende Dinge einfach einmal zu Seite zu schieben, um den Kopf frei zu kriegen.
- Wichtig ist es auch, wieder zu lernen Grenzen zu setzten, nein zu sagen, zu delegieren bzw. sich Unterstützung zu holen.
- Ausserdem brauchen wir eine gewisse Distanz zu unserer Arbeit, die es uns ermöglicht, Dinge, Abläufe, Herausforderungen immer mal wieder aus einem gesunden Abstand und somit aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
- Dem Nachgehen von Hobbys und dem Pflegen von sozialen Kontakten sind für unseren Ausgleich sehr wichtig.
- Zeit zum Ausruhen, Entspannung, Atemübungen, Meditation, Hypnose, ausreichende Bewegung/ Sport oder ein gezieltes Coaching können häufig verhindern einen Burnout zu entwickeln.
Welche vorbeugenden Möglichkeiten kann jeder für seinen Arbeitsbereich ergreifen?
Howard Gardner, Professor für Erziehungswissenschaften, Psychologie und Neurologie an der Harvard University und der Boston University School of Medicine empfiehlt eine positive Selbststeuerung der eigenen Person im Beruf. Dafür ist die Beantwortung dieser drei Fragen hilfreich: 1. „Wer bin ich?“ 2. „Was will ich?“ und 3. „Wie erreiche ich effizient meine Ziele?“
- Zur ersten Frage: Durch die Beantwortung der ersten Frage, wird Selbsterkenntnis, Klarheit und Sicherheit über die eigene Identität aufgebaut, was die Basis eines gesunden Selbstwertgefühls ist. Kennen wir uns selber, können wir unsere eigenen Stärken und Schwächen besser einschätzen. Gerade in extremen Stresssituationen oder wenn wir mit gravierenden Veränderungen (im Arbeitsumfeld) konfrontiert werden, ist diese Selbsteinschätzung überaus wichtig.
- Zur zweiten Frage: Durch eine klare Zielsetzung können wir unsere Energien mobilisieren und fokussieren. Setzen wir uns Ziele, beinhaltet das natürlich auch, uns mit der Frage auseinander zusetzen, was wir benötigen, um diese Ziele zu erreichen.
- Zur dritten Frage: Jeder Mensch besitzt ein gewisses Mass an mentalen, emotionalen und zeitlichen Ressourcen. Diese Ressourcen gilt es möglichst sinnvoll und ökonomisch einzusetzen. Ein pragmatisches Abwägen, welche Wege uns unter Berücksichtigung unserer Ressourcen wirklich zur Verfügung stehen, um unsere Ziele zu erreichen.
Fazit
Die Auseinandersetzung mit den Fragen kann uns dabei helfen, realistische, gute und zielführende Pläne zu entwickeln. Ausserdem lernen wir den sinnvollen Einsatz unserer Ressourcen.
© 08.11.2015 text by Cordula Mezias, das Copyright und die kommerzielle Nutzung des hier veröffentlichten Textes verbleiben bei der Autorin, Bild: iStock_000007596141
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