Die Heilung der Vergangenheit

Als Menschen bewerten wir neue Erfahrungen nicht nur auf Basis unserer Persönlichkeit, sondern massgeblich aufgrund unserer bisherigen Erfahrungen und  wie wir geprägt worden sind.

Erfahrungen formen in uns Denkmuster, Gefühlsmuster, Reaktionsmuster, Selbst- und Fremdbilder, die Sicht auf die Welt. Diese Muster verankern sich in uns in Form von unwillkürlichen, inneren Programmen. Diese inneren Programme, die aus der Vergangenheit stammen, sind bei der Bewertung der Gegenwart und der Reaktion auf alles, was uns wiederfährt, viel schneller als rational getroffene, bewusste Strategien und Entscheidungen.

Manchmal reagieren wir in bestimmten Situationen wie ein verletztes kleines Kind, obwohl wir heute z.B. 30, 40 oder 50 Jahre oder älter sind. Die Reaktion erlebt die Umgebung dann oftmals als nicht angemessen. In so einem Zusammenhang sprechen dann viele Therapeuten von dem sogenannten „inneren Kind“.

Was genau wird unter dem „inneren Kind“ verstanden?

In unserer Psyche gibt es unterschiedliche Teilpersönlichkeiten. Zum einen ist es der erwachsener Mensch, in seinem heutigen Lebensalter, mit sämtlichen Lebenserfahrungen des bisherigen Lebens. Neben diesen Erwachsenen gibt es Teilpersönlichkeiten aus früheren Lebenszeiten und -phasen. Eine dieser Teilpersönlichkeit in unserem Inneren ist das „innere Kind“.

Die Ursprünge des Konzeptes „inneres Kind“ bzw. von Teilpersönlichkeiten

Die Vorstellung, dass der Mensch verschiedenen Teilpersönlichkeiten in sich trägt, ist in der Psychotherapie sehr verbreitet. Die Ursprünge dieses Konzeptes sind schon bei Siegmund Freud zu finden. Sigfried Freud bezeichnete den treibhaften, unbewussten Anteil unsere Psyche mit „es“. Im Laufe der Zeit fand das Konzept der Teilpersönlichkeiten Einzug bei den unterschiedlichsten therapeutischen Schulen und Richtungen und entwickelte sich weiter.

Ich habe in einer meiner Ausbildungen das Konzept der unterschiedlichen Teilpersönlichkeiten kennen gelernt. Ich finde es als Erklärungsansatz logisch. Ausserdem ist es für den inneren Veränderungs- bzw. Therapieprozess äusserst hilfreich.

Die Kräfte des inneren Kind

Beim inneren Kind unterscheiden wir zwischen dem a) verletzten inneren Kind und b) dem erlösten, gesunden inneren Kind.

Wie entsteht ein verletztes inneres Kind?

Jeder Menschen erfuhren in bestimmten Situationen in seiner Kindheit Zurückweisung, nicht-beachtet-werden oder Verletzungen. Bei manchen Menschen ging das bis hin zur Traumatisierung. Diese Erfahrungen haben damals bestimmte Gefühle, Gedanken und Reaktionsmuster im Inneren ausgelöst. So lange die alten Erfahrungen/ Verletzungen nicht vollständig verarbeitet worden sind, sind alten Reaktions- und Erlebensmuster in unserem Inneren immer noch vorhanden und aktiv geschaltet. Etwas in uns reagiert in manchen Situationen basierend auf diesem alten Muster, d.h. unwillkürlich und häufig verletzt. 

Was macht ein verletztes oder traumatisiertes inneres Kind konkret?

Meiner Erfahrung nach sind verletze bzw. traumatisierte innere Kinder oftmals Auslösern oder Ursachen von Blockarden, negativen Angewohnheiten, schlechten Denkmustern, Ängsten, eingeschränkten Lebensumständen, Krankheiten etc.

Im Zusammenhang mit fast allen Themen, die ich in meiner täglichen Arbeit mit Menschen bisher erleben konnte, habe ich zusammen mit den Betroffenen innere Kinder "gefunden" und bearbeitet. Sind diese Teilpersönlichkeiten geheilt und erlöst, verändert sich sehr viel im Leben des Betroffenen.

Was sind typische positive Ressourcen eines erlösten inneren Kindes?

Durch die Heilung erleben Menschen Unterschiedliches: z.B. fühlen sie sich freier, sind mehr sie selber, reagieren in Situationen anders. Andere Menschen können ihre Beziehungen zu den Eltern oder bestimmten anderem Menschen ändern. Wieder Andere können endlich das Erreichen bestimmter Ziele und Wünsche angehen, weil sie eine andere innere Basis bekommen haben. Die Mehrzahl der Menschen erleben einen freieren Zugang zu verschiedene Kräften und Fähigkeiten, die wir dem inneren Kind zurechnen. Diese sind: Spontanität, Freude, Staunen, Neugier, Lebendigkeit und die Fähigkeit, ganz in der Gegenwart sein zu können.

Unsere psychischen Selbstheilungskräfte

Zu den natürlichen Ressourcen eines jeden Menschen gehört es, dass wir im Laufe der Zeit (negative) Erfahrungen verarbeiten. Jeder kennt das, dass eine Erfahrung, die uns früher einmal weh getan hat, uns heute nichts mehr ausmacht.

Nun gibt es bei (fast) jedem Menschen verletzende Erlebnisse, die er/sie  - aus den unterschiedlichsten Gründen - bisher nicht vollständig verarbeiten konnten. Wir erkennen diese Art von Erfahrungen daran, dass wir rein rational wissen, das z.B. die Kränkung von damals bereits vorbei ist, sie nagt aber immer noch in uns. Erst wenn wir eine belastende, schmerztende, kränkende, blockierende Erfahrung vollständig verarbeiten konnten, nimmt sie einen passenden Platz in unserer Geschichte ein. Und genau darum geht es bei der Arbeit mit dem inneren Kind.

Um die Veränderung zu verdeutlichen, werde ich einige typische Beispiele von verletzten inneren Kindern und deren Heilung beschreiben.

Fallbeispiele aus der Praxis: Kurze Beschreibung

Beispiel 1)

Tom, ein 32-jähriger Mann mit guter Ausbildung, der es in seinem Leben bereits zu einigen gebracht hat und sich eine gute berufliche Position erarbeitet hat. Von aussen betrachtet erscheint Vieles in Toms Leben in Ordnung: er steht in seinem Beruf den „Mann“. Dennoch fühlt er sich in vielen Berufssituationen klein und unsicher. Irgendwann holt sich Tom professionelle Unterstützung, um sein Selbstvertrauen zu stärken und sicherer auftreten zu können.

Im therapeutischen Prozess wird klar, dass Tom in seiner Kindheit viel Ablehnung erlebt hatte. Konkret hatte ihm sein Vater immer wieder gesagt, dass er es eh zu nichts bringen werde. Tom übernahm damals unbewusst die Sichtweise des Vaters. Er sah sich selber als Versager und fühlte sich dementsprechend in vielen Situationen unsicher und klein.

Beispiel 2)

Susanne, eine 48-jährige Frau, hat panische Angst vor Hunden. Wenn sie in ihrem Alltag mit einem Hund konfrontiert wird, läuft sie ängstlich davon. Selbst Hunde an der Leine lösen in ihr ein mulmiges Gefühl aus.

In der Therapie wird nach der Ursache bzw. dem Auslöser der Angst gesucht. Dabei kommt heraus, dass Susanne im Alter von fünf Jahren von einem Hund angegriffen worden ist, woran sie sich bewusst gar nicht mehr erinnert hatte.

Veränderungen durch die Arbeit mit dem inneren Kind

Beide Personen reagierten als Erwachsene lange Zeit wie das verletzte innere Kindes. Im Laufe des jeweiligen Prozesses bekam das (ehemals verletzte) innere Kind die Hilfestellung und Unterstützung, die damals gefehlt hat. Durch diese innere Arbeit konnte eine Heilung in Gang gesetzt werden und Neuverarbeitung der Vergangenheit passieren.

Tom hat sein Selbstbewusstsein massgeblich gestärkt. Er hat nun Zugang zu inneren Ressourcen bekommen, die früher verschüttet waren. Susanne hat ihre Angst vor Hunden überwunden. Sie hat keine Angst mehr, dass hinter jeder Ecke ein Hund lauern könnte. Seitdem erlebte sie eine höhere Lebensqualität, da sie sich angstfrei in Alltag bewegen kann.

Was einige meiner Klienten nach der inneren-Kind-Arbeit berichtet haben (Kundenstimmen für Cordula Mezias)

  • "Ich möchte mich bei Dir bedanken. Dieses schwarze, klebrige inneren Lebensgefühl, dass ich mein ganzes Leben lange hatte, hat sich durch unsere Arbeit komplett verändert. Ich sehe die innere und äussere Welt wieder farbig." (Mann, Traumatisierung in der Kindheit)
  • „Die Erlebnisse waren für mich sehr stark. Es hat mir viel gegeben, alles Bedrückende aus meiner Kindzeit hinter dem Tor zu lassen. Eine grosse Befreiung.
    Nach der Trance stieg ich auf mein Rad, davonbrausen wollte ich und voller Energie war ich. Ich hab so Vieles gleichzeitig empfunden, aber das Wissen um die Kraft der Kleinen, verschollen geglaubt, gab mir enorme Energie. Auch grosse Liebe empfand ich gegenüber der Kleinen, mir...und allen mir nahen Menschen.
    Die Tage danach war ich sehr kraftvoll, fröhlich, mein Freund fand mich toll...und ich erst! Dass sie, meine Kleine, sehr, sehr vieles konnte, wusste ich wieder, und sie hat mir wirklich alles mitgebracht! Ich muss z. B. nicht mehr so oft zweifeln, wenn Gedanken kreisen, kann ich sie bewusst beiseite tun. (Frau, Heilung der Vergangenheit)
  • Ich bin froh, dass ich die Reise in meine Vergangenheit gewagt habe. Ich wusste schon, dass mich meine Geschichte belastet, kann es aber erst heute sehen wie sehr. In den folgenden drei Tagen verschwanden das bedrohende Bild und die dazugehörige Beklemmung immer mehr.
    Heute weiss ich, dass ich das erlebt habe, kann bei dem Gedanken aber ruhig und tief einatmen. Ich weiss nicht genau ob ich es mir nur einbilde, ich habe im Brustbereich mehr Luft und fühle mich wie gelöst. - Ich geniesse dieses Gefühl von Weite beim Atmen.
    Mit meinem inneren Kind habe ich eine Reise unternommen an alle schönen Plätze dieser Welt die ich schon bereisen durfte. Wir haben das sehr zusammen genossen. Sie geniesst es in einem grossen Garten mit wunderschönen alten Bäumen zu spielen und ich versuche ihr Sicherheit und Freude zu geben. (Frau, Heilung der Vergangenheit)
  • ,,war gestern echt wieder spitze.. und i hab meine mama gestern das erste mal mit anderen augen sehen können, eine sehr wertvolle erfahrung." (Frau, Beziehung zur Mutter)

Neugierig geworden?

Wenn Menschen etwas Tiefgreifendes in ihrem Leben verändern möchten, ist die innere Arbeit an sich selber und häufig auch an der eigenen Lebensgeschichte von grossem Nutzen. In diesem Prozess kommen oftmals verletzte innere Kinder zum Vorschein, die sich eine Heilung wünschen.

Was können wir für Dich tun?

Wir bieten Unterstützung bei der Heilung der Vergangenheit in Form von Einzelsitzungen an. NEU ist der Workshop „Heilung der Vergangenheit: entdecke Dein lebendiges inneres Kind“, der ab März 2017 angeboten wird.

Bild: Crowded swing by Ernst Vikne via Wikimedia Commons